Die Geschichte der Bader-Ann

Sie fühlen sich sofort wie ein Richter, wenn Sie am Pult stehen und in der Hexenprozessordnung lesen. Vor Ihnen die Angeklagte Anna  Kramer, die des Verbrechens der Zauberei beschuldigt wird. Sie soll „ein bös Mensch“ sein und Musbrei verzaubert haben. Ein Pferd, um das sie herumgelaufen sei, soll wenig später elendig krepiert sein.

Die Bader-Ann – wie sie genannt wurde – hatte sich nur noch nachts nach Hause gewagt, den Blick immer ängstlich über die Schulter gerichtet. Längst hatte sie von den unredlichen Verdächtigungen gegen sie gehört. Und sie wusste, dass sich keiner für sie einsetzen würde. Dann, spät in der Nacht, war geschehen, wovor sie sich so gefürchtet hatte. Sie hatte die Tür gerade hinter sich geschlossen, als es klopfte und die Häscher sich Zugang verschafften. „Bader-Ann, ihr seid der Zauberei angeklagt und werdet zur Befragung in den Kerker gebracht.“  So hat es sich den Akten nach im Mai 1680 in Veringenstadt ereignet.

Anna Kramer steht nicht wirklich vor Ihnen, an ihrer Stelle ein Hexenhemd. Es ist neben der originalen Hexenprozessordnung aus dem Jahr 1627 eins der beiden Hauptobjekte im ersten Ausstellungsraum. Das Hemd steht symbolisch für alle der Hexerei Beschuldigten und Angeklagten. Das Bekleiden der Angeklagten mit einem geweihten Hemd zeigt die Angst der am Prozess Beteiligten, die Verdächtigten könnten in ihrer eigenen Kleidung magische Gegenstände verstecken, die sie, die Häscher, verzaubern oder der Teufel könne eingreifen, um die „Zauberschen“ vor den Schmerzen der Folter zu schützen.

Am 16. Mai 1680 beginnen die Verhöre, obwohl Anna Kramer beim Leben ihrer Kinder ihre Unschuld schwört und bittet, ihr die Tortur zu ersparen. Ohne Erfolg. Denn ohne Aussage eines Beschuldigten erfolgt keine Verurteilung. 10 Tage wird sie gefoltert, dann folgt das erpresste Geständnis und zugleich ihr Todesurteil. Anna Kramer wird durch ein Schwert getötet, ihr Leichnam auf dem Scheiterhaufen verbrannt.

Mit dieser dramatischen Geschichte, dem Hexenhemd und der originalen Hexenprozessordnung steigen wir ein in die Ausstellung über Hexenprozesse regional, national und international. Freitag geht es los. Ab dem 25. März ist die Ausstellung für alle geöffnet.

Bild: Hexenhemd (Schandkleid), Reproduktion, Heimatmuseum Vehringenstadt

Schreibe einen Kommentar