Walpurgisnacht im Sauerland-Museum

Der 30. April ist traditionell die Nacht, in der die Hexen sich versammeln, meist auf einem möglichst hohen und abgelegenen Berg, um dort zu tanzen und ihren Bund mit dem Teufel zu erneuern und zu stärken. Man kennt die Walpurgisnacht aus Goethes Faust und bis heute hält sie sich als großes Fest im Harz, rund um den Brocken, dem bekanntesten aller „Blocksberge“, auf denen sich Hexen mutmaßlich trafen, und um den Hexentanzplatz in Thale. Anlass genug, um im Sauerland-Museum, das noch bis zum 4. September 2022 die Sonderausstellung „DU HEXE! Opfer und ihre Häscher“ zeigen wird, an diesem Tag ein besonderes Programm anzubieten. Das Programm verstand sich so, dass die heute noch verbreiteten Vorstellungen von Magie, Teufel und Dämonen vorgestellt werden, um so im Vergleich zur historische Hexenverfolgung zu erkennen, was heute anders, was vielleicht auch geblieben oder sogar wieder erstarkt ist und welche Bedeutung magische Vorstellungen heute überhaupt in unserer Gesellschaft haben.

Um dieser Fragestellung nachzugehen führte Science Engineer Jo Hecker aus Hagen im Nachmittagsprogramm für Kinder und Jugendliche vor, was früher vielleicht als Zauberei durchgegangen wäre, heute aber einfach und naturwissenschaftlich erklärt werden kann. So entführte er die Zuschauer in die Welt der optischen Illusionen oder ließ Kröten schrumpfen – ein klassischer Fall von Zauberei! Oder doch nur einfach physikalische Zusammenhänge?

Am Abend sollte es aber auch noch ein wenig unheimlicher werden: Mit Dr. Gerhard Mayer vom Institut für Parapsychologie und Psychohygiene aus Freiburg und Dr. Nicole Bauer vom Institut für Bibelwissenschaften und Historische Theologie der Universität Innsbruck standen zwei Referenten auf der Rednerliste, die sehr spannende und hörenswerte Vorträge zum Besten gaben, von denen man gar nicht unbedingt geglaubt hätte, dass sie heute gesellschaftlich nach wie vor oder wieder eine solche Rolle spielen: Schamanismus und Exorzismus. Sehr gut verständlich und anregend stellte Gerhard Mayer vor, das (Neo-)Schamanismus mehr ist als einfach nur eine Form quasi-magischer Heilkunde, sondern vielmehr ein Sammelbegriff für Magievorstellungen, der sich durch nahezu alle Kulturkreise zieht, dabei sehr unterschiedliche Ausdeutungen und Funktionen erfährt und letztlich in seiner seriösen Ausprägung ein alternatives Therapieangebot sein kann, das individuellen Bedürfnissen entsprechend durchaus Erfolge aufweisen kann. Vorsicht bleibt dabei unterdessen geboten, insofern Schamanismus natürlich gleichzeitig ein Sammelbegriff unterschiedlichster esoterischer bis verschwörungstheoretischer Ansätze bildet, die teilweise sehr abseitige oder auch nur kommerzielle Ziele verfolgen.

Nicole Bauer brachte aber nochmal ein anderes Thema zur Sprache, das man eigentlich nur aus mehr oder weniger populärkulturellen Produktionen kennt: Exorzismus. Dieser erlebt in der katholischen  Kirche gewissermaßen in den letzten Jahren sein „Revival“, insofern die alte Lehre zur Austreibung von dämonischen und satanischen Wesenheiten aus dem menschlichen Körper tatsächlich im Kanon der vatikanischen Ausbildungscurricula steht. Dabei gehen die theologischen Überlegungen zum Bekämpfen des Teufels auf Schriften aus der Frühen Neuzeit zurück – vergleichbar mit der geistigen Grundlage zur Hexenverfolgung. Das eigentlich in der Neuzeit abseitige Thema des Kampfes gegen Satan und seine dämonischen Horden erhielt unterdessen seit den 1970er Jahren und eine Reihe von Filmen rund um diese Praxis neuen Auftrieb. Während dieser wieder nachließ, spielt das Thema seit einigen Jahren kirchenrechtlich wieder eine Rolle, die nicht unbedingt zu unterschätzen ist: Diözesen sind aufgerufen, Exorzisten zu benennen – in Österreich und Italien ist dies weit verbreitet. Die Diskussion in Kirchenkreisen ist unterdessen durchaus kontrovers und schwankt zwischen Extremen, die aber zumindest ein Ergebnis zeitigten – die vorgegebene Form des Exorzismus ist inzwischen deutlich milder als aus Filmen und youtube-Videos oder auch den deutschen Fällen überliefert. Zudem müssen eigentlich medizinische und psychiatrische Gutachten beigeholt und die Zustimmung der zu exorzierenden Person eingeholt werden – hohe Hürden, die sich dem Vernehmen nach aber umgehen lassen …

Dr. Nicole Bauer, Religionswissenschaftlerin der Universität Innsbruck

Der spannende Abend regt dazu an, die Veranstaltungen und Vorträge des Sauerland-Museums aufzuzeichnen und einer noch breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen und zu halten.

Beitragsbild: Jo Hecker präsentiert Magisches

Schreibe einen Kommentar